Five Things: Germany
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Wahlkampf vor Krisenbekämpfung 

Vor gerade einmal drei Monaten hat die Bundesregierung mit viel Tamtam die sogenannte Wachstumsinitiative beschlossen, um die stagnierende Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen. Doch noch bevor alle 49 Maßnahmenbündel mit über 130 konkreten Schritten umgesetzt sind, gibt es schon wieder Gesprächsbedarf.

Um 11 Uhr trafen sich heute Finanzminister Christian Lindner und FDP-Fraktionschef Christian Dürr mit Vertretern kleiner und mittlerer Unternehmen. Fünf Stunden später lädt Bundeskanzler Olaf Scholz Industrie und Gewerkschaften zu einem vertraulichen Austausch ein.

Angesichts der parallelen und zum Teil konkurrierenden Gesprächsformate der Ampel-Koalitionäre macht sich in Politik und Wirtschaft weiter Unmut breit. An Ideen mangelt es nicht, doch statt eine gemeinsame Linie zu finden, sind die handelnden Protagonisten der Regierung zunehmend auf die Schärfung des eigenen Profils bedacht. Der Wahlkampf 2025 lässt bereits grüßen.

Doch bevor auf den Bühnen der Republik wieder flammende Reden gehalten werden, um die Wähler zu begeistern, steht morgen die Veröffentlichung der Zahlen zum Bruttoinlandsprodukt im dritten Quartal an. Sie dürfte wenig Anlass für Ausgelassenheit bieten und auch denjenigen, die immer noch behaupten, die Lage sei besser als die Stimmung im Land, die Dringlichkeit des Handelns vor Augen führen.

Was Marktteilnehmer heute noch bewegen könnte, berichten Ihnen Annika Reichelt, Rainer Bürgin, Alexander Kell und Stephan Kahl: Rotstift vs Zuversicht, guter Rat kostet, Jahr des Pandas, besser sicher, und Trump-Coin.

Rotstift vs Zuversicht

Im saisonal stärksten Quartal des Jahres hat die Lufthansa den höchsten Quartalsumsatz ihrer Geschichte erzielt. Die Krise ihrer Kernmarke drückt trotzdem auf das Betriebsergebnis, das um 9% auf 1,3 Milliarden Euro sank. Mit einem Sparprogramm will Lufthansa-Chef Carsten Spohr den bereinigten operativen Gewinn nun bis zum Jahr 2026 um brutto 1,5 Milliarden Euro verbessern. Das sogenannte “Turnaround”-Programm soll die Rolle “als führende Airline-Gruppe in Europa” weiter ausbauen. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen bleiben auch beim Leverkusener Kunststoffkonzern Covestro weiter “herausfordernd”, wie Finanzvorstand Christian Baier erklärte. Das Unternehmen, das vor einer Übernahme durch Adnoc steht, musste seine Jahresziele erneut kappen. Für 2024 geht der Konzern nun von einem Ebitda-Wert zwischen 1,0 bis 1,25 Milliarden Euro statt von 1,0 bis 1,4 Milliarden aus. Bei Adidas hingegen stimmen starke Quartalszahlen CEO Bjørn Gulden “für die mittelfristige Zukunft zuversichtlich”. Für das dritte Quartal meldete der Konzern mit einem währungsbereinigten Umsatz im zweistelligen Prozentbereich ein starkes Wachstum. Lediglich der Markt in Nordamerika wird noch immer von sinkenden Verkaufszahlen der Yeezy-Sneaker belastet.

Guter Rat kostet

Die Bundesregierung will sich dem Vernehmen nach von einer Bank beraten lassen, wie sie mit ihrem verbleibenden Anteil an der Commerzbank verfahren soll. Ratschläge könnten zum einen zur Art und Weise sowie dem Zeitpunkt möglicher künftiger Veräußerungen eingeholt werden — und auch zur Frage, ob der Bund die restliche Commerzbank-Beteiligung von 12% womöglich behalten sollte. Der jüngste Verkauf von Staatsanteilen am Institut war auf Kritik gestoßen, weil er der italienischen UniCredit den Einstieg ermöglicht hatte. Gespräche mit potenziellen Finanzberatern laufen, wie darüber informierte Personen berichten. UniCredit-Chef Andrea Orcel hat auf einem Treffen mit italienischen Gewerkschaften das Interesse des Instituts an der Commerzbank bestätigt und dabei seine Absicht betont, “nicht in Konflikt mit der deutschen Regierung zu geraten.” Der italienische UniCredit-Großaktionär Cariverona hat unterdessen seine Unterstützung für die Commerzbank-Beteiligung der Mailänder bekräftigt. 

Jahr des Pandas

Das Jahr 2024 ist nach chinesischem Kalender eigentlich das Jahr des Drachen. Aus österreichischer Perspektive dürfte es jedoch das Jahr des Pandas werden. Denn die Wiener Kryptobörse Bitpanda rechnet in diesem Jahr nicht nur mit einem Rekordgewinn, sondern erwägt auch einen Börsengang in Frankfurt. Wie informierte Personen berichten, stehen Citigroup und JPMorgan Chase dem 2014 gegründeten Startup zur Seite. Eine weitere Option sei auch ein Verkauf. Kommt ein Deal zustande, könnte die Bewertung bei mindestens 3,7 Milliarden Euro liegen. Sollte sich Bitpanda für eine Transaktion entscheiden, würde diese nach Angaben der informierten Personen wahrscheinlich im nächsten Jahr über die Bühne gehen. Wer klein anfängt, kann es weit bringen: Die gestrige Börsennotierung des Solarzellenherstellers Waaree Energies in Mumbai dürfte das Vermögen der dahinterstehenden Doshi-Familie fast verdoppelt haben auf rund 5,2 Milliarden Dollar. Als Hitesh Chimanlal Doshi sich 1985 in den indischen Energiesektor vorwagte, begann er mit einem Verwandten-Darlehen von 5.000 Rupien (60 Dollar).

Besser sicher

Die LBBW arbeitet an einer Transaktion, mit der sie Ausfallrisiken aus einem rund 2,8 Milliarden Euro schweren Kreditportfolio teilweise auf externe Investoren übertragen kann. Das hat Bloomberg News aus informierten Kreisen erfahren. Der so genannten Significant Risk Transfer (SRT) stehe im Zusammenhang mit Unternehmensdarlehen. Die Landesbank wollte sich auf Nachfrage zwar nicht zu konkreten Transaktionen äußern. Fest steht jedoch, dass solche synthetischen Risikotransfers in der letzten Zeit bei Banken enorm an Popularität gewonnen haben. Externe Investoren übernehmen dabei einen Teil der Ausfallrisiken und lassen sich das entsprechend bezahlen. Im Jahr 2022 hatte etwa die Helaba erstmals eine solche Transaktion durchgeführt. Für ein Referenzportfolio aus Unternehmenskrediten von rund 2,1 Milliarden Euro konnte die Bank damals risikogewichtete Aktiva von etwa 800 Millionen Euro freisetzen. Das gibt Kreditinstituten Luft, um anderen oder neuen Geschäften nachzugehen.

Trump-Coin

Bitcoin ist erstmals seit Juni über die Marke von 71.000 Dollar geklettert, unterstützt auch durch Spekulationen über den möglichen Ausgang der US-Präsidentschaftswahl in der kommenden Woche. Bitcoin wird von einigen als Trump Trade angesehen, weil der republikanische Präsidentschaftskandidat sich während des Wahlkampfs für digitale Vermögenswerte ausgesprochen hatte. Bitcoin “preist weiterhin einen Wahlsieg von Donald Trump ein”, so Tony Sycamore, Marktanalyst bei IG Australia. Um das Rekordhoch vom März bei 73.798 Dollar zu knacken, brauche es aber einen nachhaltigen Ausbruch über die Marke von 70.000. Zuletzt notierte der größte digitale Vermögenswert bei 71.244 Dollar. In den Prognosemärkten liegt Trump vorne, während die Umfragen ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit der demokratischen Kandidatin und Vizepräsidentin Kamala Harris zeigen. Das Rückschlagspotenzial sei groß, sollte der eingepreiste Trump-Optimismus enttäuscht werden, schreibt Nour Al Ali im Markets Live Blog. Ein Blick auf Ether, der weit unter seinem Allzeithoch notiert, deute zudem auf eine gewisse Krypto-Skepsis hin. Optionshändler haben indes ihre Wetten erhöht, dass Bitcoin bis Ende November einen Höchststand von 80.000 Dollar erreichen wird. Und Investment-Milliardär Ken Griffin erwartet, dass Trump die Wahl knapp für sich entscheiden wird.

Was sonst noch so passiert ist: