Morgen sind es genau zwei Monate, seitdem Friedrich Merz und Lars Klingbeil das Ruder der Bundesrepublik übernommen haben. Bisher konnte man ihnen nicht viel vorwerfen. Mit Steuererleichterungen für Unternehmen haben sie ein Signal an die Wirtschaft gesandt, ein 500-Milliarden-Euro-Investitionsprogramm in die Wege geleitet und außenpolitisch eine gute Figur abgegeben. Doch nun sind die beiden Koalitionspartner kommunikativ unter die Räder geraten. Das Land echauffiert sich darüber, dass die Stromsteuer nicht, wie im Koalitionsvertrag angekündigt, “für alle” gesenkt wird, sondern nur für größere Betriebe. Neben dem medialen Druck der Hauptstadtpresse gab es auch Kritik von Lobbyverbänden sowie aus den eigenen Reihen, unter anderem von den Ministerpräsidenten Markus Söder und Hendrik Wüst, dem CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann und Unions-Fraktionschef Jens Spahn. Zunächst reagierte die Regierung einsichtig und versprach, sich um eine Lösung zu bemühen. Nach einer fünfstündigen Debatte im Koalitionsausschuss verkündete sie jedoch, dass sie dabei bliebe — es sei nicht ausreichend Geld für die 5,4 Milliarden Euro teure Maßnahme vorhanden. Bundeskanzler Friedrich Merz, rechts, und Finanzminister Lars Klingbeil. Foto: JOHN MACDOUGALL/AFP Dies würde jedoch nachgeholt werden, “sobald hierfür finanzielle Spielräume bestehen”, hieß es in einem Papier, in dem sich die Koalition sichtlich alle Mühe gab, jene Entlastungen in den Vordergrund zu stellen, die weniger Aufmerksamkeit erhalten hatten. Und hier lag das Problem, das kommunikativ ein wenig an die Ampel erinnerte: Erstens schafften es Merz und Klingbeil nicht, ihre eigenen Leute im Griff zu haben, und zweitens gelang es ihnen nicht, zu vermitteln, dass eine Stromsteuersenkung zwar vorerst nicht möglich ist, die Menschen aber mit der Übernahme der Gasspeicherumlage (3,4 Milliarden Euro) und der Übertragungsnetzentgelte (6,5 Milliarden Euro) entlastet werden. Die Mehrwertsteuersenkung für Restaurantbesuche (4 Milliarden Euro) und die Erhöhung der Mütterrente (5 Milliarden Euro) hatten die meisten ohnehin schon wieder vergessen. Anstatt von Anfang an klar und transparent zu begründen, welche Entlastungen kommen und welche nicht, hoffte man, es würde niemandem auffallen, dass etwas ausgelassen wurde. Damit nährte man das nicht unberechtigte Narrativ, Merz würde nicht zu seinem Wort stehen. Das scheint den Kanzler aber nicht besonders zu stören. In einigen Monaten werde niemand mehr über die Stromsteuer sprechen, gab er zu Protokoll – Deutschland und die Welt stünden vor größeren Problemen. Damit dürfte er richtig liegen. Aber Deutschland und die Welt möchten sich darauf verlassen können, dass sich jemand diesen Problemen annimmt, der in der Lage ist, die richtige Priorisierung vorzunehmen und dies auch überzeugend zu kommunizieren. Lesen Sie auch eine Auswahl unserer Artikel dieser Woche: Waffen hui oder pfui?, reiche Banker, exklusiver Club, fortschrittliche Kriegsführung und eiskalt. |