Es war eine dreifache Premiere für den selbst ernannten Außenkanzler in den vergangenen Tagen. Da war erst der G7-Gipfel in Kanada, gefolgt vom Nato-Gipfel in den Niederlanden und dem EU-Gipfel in Belgien. Da kann viel schiefgehen. Doch selbst Skeptiker müssen vorerst festhalten: Friedrich Merz hat die drei internationalen Spitzentreffen zu einem Hattrick für sich verwandelt. In Brüssel wurde der neue deutsche Kanzler mit warmen Worten seiner CDU-Parteifreundin und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in den Kreis der europäischen Staats- und Regierungschefs eingeführt, die ihn mit Applaus begrüßten. In Den Haag durfte Merz Vorschusslorbeeren einsammeln für sein Versprechen, die Bundeswehr zur größten Armee in Europa hochzurüsten und die deutschen Verteidigungsausgaben ohne Mühen und ohne Murren in den kommenden Jahren schrittweise auf die gigantische Höhe von 3,5% der Wirtschaftsleistung hochzuschrauben. Das sind mehr als 150 Milliarden Euro — pro Jahr wohlgemerkt. Friedrich Merz in Brüssel. Foto: Simon Wohlfahrt/Bloomberg Möglich ist das freilich alles nur, weil ihm die Sozialdemokraten politisch den Rücken freihalten und die mittlerweile zur Opposition verdammten Grünen sich im Frühjahr nicht zu fein waren, zusammen mit den Konservativen die Schuldenbremse in der Verfassung für Verteidigungsausgaben auszuhebeln. Das Lob für die haushalts- und verteidigungspolitische Revolution erntet jetzt Merz bei Trump, Macron & Co. Das ist vielleicht nicht ganz gerecht, aber Politik war wohl noch nie ein Fairness-Wettbewerb. Der Glanz auf dem internationalen Parkett lässt den CDU-Vorsitzenden auch innenpolitisch in neuem Licht erscheinen. Fast vergessen der Tabubruch zu Jahresbeginn, als Merz im Bundestag eine gemeinsame Abstimmung mit der AfD zur Migrationspolitik in Kauf nahm. Rund sieben Wochen nach seinem Amtsantritt kann Merz im ZDF-Politbarometer nicht nur sein Image verbessern, zum ersten Mal sind auch mehr als die Hälfte der Befragten mit seiner Arbeit als Bundeskanzler eher zufrieden. Noch etwas besser schneidet Merz im Bereich der internationalen Politik ab: Hier sagen sogar 63% der Befragten, dass er seine Sache eher gut macht. Für SPD-Chef und Vizekanzler Lars Klingbeil läuft es dagegen gerade weniger rund. Wenige Stunden vor Beginn des SPD-Parteitags stellte die politisch unabhängige Mindestlohnkommission ihren Vorschlag zur Anhebung der Lohnuntergrenze in den kommenden zwei Jahren vor. Im Wahlkampf hatte die SPD noch vollmundig eine politische Intervention zur Anhebung des Mindestlohns auf 15 Euro pro Stunde ab kommendem Jahr gefordert. Die Lohnuntergrenze liegt seit Jahresbeginn bei 12,82 Euro. Im Koalitionsvertrag hatten Union und SPD festgehalten, dass sie einen Mindestlohn von 15 Euro im Jahr 2026 für “erreichbar“ halten. Daraus dürfte nun nichts werden. Denn die Kommission empfahl eine viel geringere Erhöhung auf nur 13,90 Euro im Jahr 2026 und 14,60 Euro im Jahr 2027. Für Klingbeil dürfte der SPD-Parteitag am Wochenende somit ungemütlich werden. Bei seiner Wiederwahl zum Co-Vorsitzenden erhielt der Finanzminister einen Dämpfer und wurde mit einem deutlich schlechteren Ergebnis als Arbeitsministerin Bärbel Bas abgestraft, die anstelle von Saskia Esken neue Co-Vorsitzende wird. Der Parteitag wird somit zum Testfall für die Geschlossenheit der Sozialdemokraten – und er dürfte auch ein erstes Stimmungsbild zeichnen, ob Klingbeil seine Position als mächtigster Mann in der SPD festigen kann, um somit auch den Grundstein für eine Kanzlerkandidatur zu legen. Lesen Sie auch eine Auswahl unserer Artikel dieser Woche: Steuer-Fessel, Gefragte Banker, Spion an der Kreuzung, Anti-Methan-Methode, Teurer Tropfen. |