Five Things: Germany
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Die Zukunft der letzten Bastion

Man muss kein Kapitalismus-Kritiker sein, um den Sinn und Zweck des Weltwirtschaftsforums zumindest einmal mit kritischem Abstand zu betrachten. Jedes Jahr reisen Vertreter der globalen Wirtschaftselite nach Davos, um hier die ganz großen Ideen der Wirtschaftsordnung zu besprechen: Wo soll das Wachstum in einer sich immer stärker fragmentierenden Welt herkommen? Welche Rolle hat der Welthandel? Und inwiefern sollten sich Unternehmen mit Themen wie Diversity, Equity und Inclusion beschäftigen, während Länder wie die USA in diesem Zusammenhang auf die Bremse treten?

Hinzu kommt das elitäre Image des WEF. Es passt nicht mehr wirklich in eine Welt, die von extremen Ungleichheiten geprägt ist. Der Glaube an Freihandel, Zusammenarbeit zwischen Ländern auf der globalen Bühne und Frieden durch Wohlstand erscheint so als Thema der vergangenen Dekade.

Der Optimist betrachtet Davos aus einer anderen Perspektive. Es gibt wohl keine andere Plattform auf der Welt, bei der so hochkarätige Denker, Banker und Unternehmenslenker mit von der Partie sind. Viele Konkurrenz-Initiativen wie die Global Initiative von Bill Clinton konnten diese Lücke bislang nicht füllen. Und darin liegt die Krux mit solchen Foren. Die Heavy Hitter kommen nur, wenn andere Schwergewichte ebenfalls dabei sind. (Und zwar jedes Jahr aufs Neue.)

Christine Lagarde und Klaus Schwab, zusammen mit Tharman Shanmugaratnam und Ngozi Okonjo-Iweala im Januar 2024. Foto: Hollie Adams/Bloomberg

Das Forum genießt den Ruf, ein Ort zu sein, an dem Deals direkt und auf kurzem Dienstweg zwischen den Chefs verhandelt werden. Eine Welt, in der solche bilateralen Transaktionen wichtiger werden, kann sicherlich einen Ort wie das WEF gebrauchen. Es ist eine der letzten Bastionen der liberalen und globalen Wirtschaftsordnung. Vorausgesetzt, es steht eine Person an der Spitze, die solche Werte verkörpern kann.

Eine Person, auf die diese Beschreibung passt und die für Globalität, Multilateralismus und Austausch steht, ist die amtierende EZB-Präsidentin Christine Lagarde. Bei der Zentralbank wird sie unter anderem für ihren Fokus auf Nachhaltigkeit in der Geldpolitik in Erinnerung bleiben. Zudem hat sie den Internationalen Währungsfonds geleitet. Sie sitzt bereits im Stiftungsrat des WEF. 

Kein Wunder also, dass Sie — seitens des WEF — als Topkandidatin für den Top-Job gehandelt wird. Das Weltwirtschaftsforum ist an einer schnellen Lösung interessiert, nachdem die Kontroversen um den Gründer und langjährigen Leiter Klaus Schwab das Non-Profit-Unternehmen in eine tiefe Krise gestürzt haben. Der Interimsvorsitzende Peter Brabeck-Letmathe ist bereits 80 Jahre alt. Das Problem mit Lagarde ist allerdings: Ihre Amtszeit bei der EZB läuft bis 2027 und die will sie voll ausüben.

Was Marktteilnehmer heute noch bewegen könnte, berichten Ihnen Rainer Bürgin, Alexander Kell, Annika Reichelt, Verena Sepp und Stephan Kahl: Drei Wochen, Europa braucht Tempo, vorsichtige Sparkassen, Billion-Dollar-Mann und Kopfgeld statt Lösegeld.

Drei Wochen

“In den nächsten zwei bis drei Wochen” will Donald Trump die künftigen Zölle für die Handelspartner der USA festlegen. Finanzminister Scott Bessent und Handelsminister Howard Lutnick würden dann “Briefe verschicken, in denen sie im Wesentlichen mitteilen, was bei Geschäften in den Vereinigten Staaten zu zahlen ist”, sagte der US-Präsident bei einem Treffen mit Wirtschaftsgrößen in den Vereinigten Arabischen Emiraten. “Ich denke, wir werden sehr fair sein.” Eine Bloomberg-Umfrage unter Analysten und Investoren indessen unterstreicht die Skepsis, die es im Hinblick auf eine Einigung mit China gibt. Im Median ergab sie, dass Washingtons Einfuhrzölle für Produkte aus der Volksrepublik auch in sechs Monaten noch bei 30% liegen dürften. Das endgültige Niveau wird bei 20% gesehen. “Wir gehen davon aus, dass die Handelsverhandlungen nur zu oberflächlichen Vereinbarungen führen werden”, sagt Kelly Chen, Ökonomin bei der DNB Bank. Es bleibe “nicht genug Zeit, um die relativen Positionen der USA und Chinas wesentlich zu verändern“, bevor 2026 in den USA Zwischenwahlen stattfinden, die als mögliche Frist für eine Einigung dienen könnten. Die EU-Exporte nach Amerika sind im Monat vor Trumps “Befreiungstag” im Jahresvergleich um knapp 60% gestiegen.

Europa braucht Tempo

Fusionen und Übernahmen sind laut Leonardo-Chef Roberto Cingolani der Schlüssel für Europas fragmentierte Verteidigungsindustrie, um es mit Konkurrenten aus den USA und China aufnehmen zu können. “Wir müssen aufwachen, wir müssen eine Art europäischen Verteidigungsraum schaffen”, sagte er im Interview mit Bloomberg TV. Der Kontinent müsse ein “soliderer, zuverlässigerer Partner” in der Nato sein. Während Italiens größter Rüstungskonzern bereits einige Partnerschaften vorantreibt, arbeiten die Nato-Mitglieder dem Vernehmen nach derzeit an einer Vereinbarung, um ihre Verteidigungsausgaben deutlich zu erhöhen — so wie es Trump fordert. Anvisiert werden 5% der Wirtschaftsleistung bis 2032, aktuell erfüllen manche Bündnispartner nicht einmal die aktuell gültige 2%-Marke. Indessen ist die Hoffnung auf Friedensgespräche zwischen der Ukraine und Russland vergeblich. Nach den Absagen von Putin und Trump, hat auch Selenskyj erklärt, nicht an den für heute geplanten Gesprächen in Istanbul teilzunehmen. Es wäre das erste direkte diplomatische Spitzentreffen seit Beginn der Invasion des Kreml vor mehr als drei Jahren gewesen.

Vorsichtige Sparkassen

Die Zeiten werden rauer in Deutschland. Die Konjunktur lahmt, die Insolvenzen steigen. Das verheißt nichts Gutes für die Kreditbücher der Sparkassen, die traditionell viele Darlehen an Unternehmen ausreichen. Vor diesem Hintergrund ist es kein Wunder, dass ein Pool — über den Sparkassen einen Teil ihrer Kredite gemeinschaftlich gegen Ausfälle absichern können — nun um ein Drittel auf 653 Millionen Euro aufgestockt wurde. Kommt es tatsächlich zu einem Ausfall bei einem der eingebrachten Kredite, muss dieser nicht mehr von einem Institut alleine geschultert werden, sondern alle an dem Pool teilnehmenden Sparkassen stehen für Verluste gemeinsam gerade. In dem “sehr herausfordernden Umfeld, in dem sich ihre Unternehmenskunden bewegen, nutzen die teilnehmenden Sparkassen das Instrument verstärkt, um sich vor potenziellen großen, unerwarteten Ausfällen im mittelständischen Firmenkreditgeschäft zu schützen”, hieß es von den Organisatoren des Pools, den Landesbanken. Insgesamt 62 Sparkassen machen mit.

Billion-Dollar-Mann

Bei seiner Nahost-Reise hat Trump Deals über eine Billion Dollar und zahlreiche Versprechungen eingeheimst. Von Saudi-Arabien gab es Zusagen über 600 Milliarden Dollar, darunter ein Rüstungspaket in Rekordhöhe. In Katar kündigte Trump Käufe im Wert von 243 Milliarden Dollar an, allen voran die größte Flugzeugbestellung aller Zeiten bei Boeing. Dann kamen die Vereinigten Arabischen Emirate mit weiteren 200 Milliarden Dollar. Auch für Trumps Gastgeber war der Besuch ein politischer Gewinn, heißt es bei Bloomberg Economics. Nach früheren Zweifeln in der Region an den USA als verlässlichem Beschützer hat Trump keinen Hehl daraus gemacht, welche Priorität er diesen engen Freunden einräumt. Das Treffen mit dem neuen syrischen Präsidenten, die versprochene Aufhebung der Sanktionen und eine in Aussicht stehende Normalisierung der Beziehungen zu Damaskus kamen überraschend — ein Gewinn für die Saudis und ein Dämpfer für Teheran. Gleichzeitig gab es Gerüchte über ein Interimsabkommen zwischen den USA und dem Mullah-Regime — Sanktionserleichterungen im Gegenzug für eine Unterbrechung des iranischen Atomprogramms. Jetzt fliegt der Dealmaker heim — ohne einen Deal mit Wladimir Putin.

Kopfgeld statt Lösegeld

Nur drei Tage nach der Aufnahme der Aktie ins US-Börsenbarometer S&P-500 ist am Donnerstag bekannt geworden, dass der größte US-Krypto-Marktbetreiber Coinbase Opfer eines Hackerangriffs geworden ist. Das Unternehmen verwahrt den Großteil der Token im Wert von 122 Milliarden Dollar für börsengehandelte Bitcoin-Fonds. Wie Coinbase mitteilte, seien weniger als ein Prozent der monatlich aktiven Nutzer von dem Hack betroffen. Dem Vernehmen nach hatten die Hacker aber seit Januar Zugang zu wertvollen Kundendaten und bestachen hierfür auch Kundenbetreuer. Coinbase bemerkte verdächtiges Verhalten dieser Mitarbeiter bereits im Januar, wie das Unternehmen gegenüber Bloomberg bestätigte. “Es ist ein schwerwiegender Sicherheitsvorfall. Das Ausmaß der weitergegebenen persönlichen Daten ist erschreckend”, sagte Mike Dudas, Managing Partner bei der Web3-Firma 6MV. Kreisen zufolge hatten die Hacker zuletzt am Mittwoch Zugriff auf Kundendaten. Einer anonymen Lösegeldforderung der Hacker vom 11. Mai in Höhe von 20 Millionen Dollar will Coinbase nicht nachgehen und bietet stattdessen nun eine Belohnung derselben Summe für Hinweise, die zur Ergreifung der Täter führen. Die Coinbase-Aktie fiel am Donnerstag um mehr als 7%.

Was sonst noch so passiert ist:

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