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Berlin ist Getriebener der Weltpolitik

“Die Welt wartet nicht auf uns”, ist ein Satz, der seit Sonntagabend Konjunktur hat in der Hauptstadt. Dahinter steckt die schmerzliche Einsicht, dass die weltpolitische Lage einfach zu ernst ist, um allzu lange über die nächste Koalition zu verhandeln.

Insbesondere im Verteidigungsbereich ist der Handlungsdruck groß. So groß, dass noch vor Beginn der eigentlichen Gespräche über die nächste Regierung Union und SPD noch mehr Geld für die Bundeswehr bereitstellen wollen. Bis zu 200 Milliarden Euro soll ein mögliches zweites Sondervermögen umfassen, das die künftigen Regierungsparteien noch durch den alten Bundestag bringen wollen. Denn dort hätten sie gemeinsam mit den Grünen noch die notwendige Zweidrittelmehrheit.

Lange schaute die Rüstungsindustrie in die Röhre. Foto: Alex Kraus/Bloomberg

Es wäre ein Schritt, bei dem sowohl CDU-Chef Friedrich Merz als auch sein SPD-Pendant Lars Klingbeil über ihren Schatten springen müssten. Merz müsste noch vor seinem ersehnten Aufstieg ins Kanzleramt sein früheres Image als Haushalts-Hardliner aufgeben. Und SPD-Chef Klingbeil, der trotz eines desaströsen Wahlkampfs nun auch nach dem Fraktionsvorsitz greift, müsste schneller als gewollt mit Merz gemeinsame Sache machen.

Aber die Weltlage richtet sich nun mal nicht nach alten Wahlkampfparolen. Und da entwickeln sich die Dinge rasant. Unter Donald Trump sind die USA im Ukraine-Konflikt auf die Seite Putins gewechselt, was den überzeugten Transatlantiker Merz zu der schmerzhaften Einsicht brachte, dass Europa “unabhängig” von den USA werden müsse.

Und das wird teuer. Die 200 Milliarden werden da mutmaßlich noch gar nicht reichen.

Was Marktteilnehmer heute noch bewegen könnte, berichten Ihnen Annika Reichelt, Rainer Bürgin, Alexander Kell und Stephan Kahl: Olivgrüne Anleihen, geopolitisches Roulette, unstete E-Lage, Rekordgewinn trotz Riesenvorsorge und im Sinkflug.

Olivgrüne Anleihen

Rüstungsaktien profitieren von der Erwartung eines neuen großvolumigen Rüstungspakets für die Bundeswehr. Die Rheinmetall-Aktie, die seit dem Jahreswechsel schon 58% zugelegt hat, kam heute zeitweise 4% voran. Die Titel des Panzergetriebe-Spezialisten Renk verteuern sich um 6%. Für den Radar- und Optikentwickler Hensoldt geht es 2% aufwärts. Warnsignale sendet indessen der Bondmarkt: Ein viel beachteter Indikator für die Attraktivität deutscher Staatsanleihen ist auf den negativsten Wert gefallen, den es in bis 2007 zurückreichenden Daten je gab. Mit Blick auf zehnjährige Bundespapiere ist der Swap-Satz unter die Anleiherendite gerutscht. Dies signalisiert, dass der Markt mit erhöhtem Finanzierungsbedarf und einer Zunahme von Anleiheemissionen rechnet. “Unter geopolitischem Druck prüft die Politik Finanzierungsmöglichkeiten für eine militärische Aufrüstung, das bestätigt den vorsichtigen Ansatz des Marktes angesichts drohender Angebotsbedenken”, hieß es in einer Analyse von ING-Strategen um Benjamin Schroeder.

Geopolitisches Roulette

Präsident Donald Trump hat die Verurteilung der russischen Invasion in der Ukraine durch die USA vor drei Jahren zurückgenommen — und damit die Kluft zu den anderen Verbündeten Kiews vertieft. Bei der UN-Generalversammlung in New York stimmten die USA und Russland gestern gegen eine von Europa unterstützte Resolution, die Moskaus “umfassende Invasion” am dritten Jahrestag verurteilte. Später stimmten beide Seiten zum ersten Mal seit Beginn des Krieges für eine US-Resolution, die ein “schnelles Ende” des Konflikts forderte, ohne Schuldzuweisungen vorzunehmen. In den sozialen Medien erklärte Trump, mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in “ernsthaften Gesprächen” zu sein. Die Europäer sind Zuschauer. Härter geht Trump gegen China vor. Seine Regierung arbeitet an einer Verschärfung der US-Halbleiterbeschränkungen und übt Druck auf wichtige Verbündete aus, ihre restriktiven Maßnahmen gegen die chinesische Chipindustrie zu verschärfen. Japan und die Niederlande wurden ins Gebet genommen, um die Wartung von Halbleiteranlagen in China durch Firmen wie Tokyo Electron und ASML zu unterbinden. Deren Aktien gaben in Asien und Europa nach.

Unstete E-Lage

Der Absatz von Elektroautos in Europa hat im vergangenen Monat einen enormen Sprung nach oben gemacht. Wie der Branchenverband Acea am heutigen Dienstag mitteilte, sind die Auslieferungen von E-Autos im Januar in Märkten wie Deutschland, Großbritannien und Italien um 37% gestiegen. Ein Grund dafür könnten die strengeren EU-Emissionsvorschriften in diesem Jahr sein, die die Autohersteller dazu veranlasst haben, ihre batteriebetriebenen Fahrzeuge stärker zu bewerben. Der Gesamtabsatz in Europa ging aufgrund der sinkenden Nachfrage nach Plug-in-Hybrid-, Benzin- und Dieselmodellen um 2,1% zurück. Während die Nachfrage nach Elektrofahrzeugen der Konkurrenz stark gestiegen ist, entwickelte sich Tesla unterdessen schlechter. Gegenüber dem Vorjahresmonat ist der Absatz des von Elon Musk geführten Unternehmens europaweit um 45% eingebrochen. Nur noch 9.945 Tesla-Fahrzeuge wurden im vergangenen Monat zugelassen, gegenüber 18.161 vor einem Jahr, wie Acea mitteilte. Tesla stellt die Produktionslinien für sein bei weitem beliebtestes Fahrzeug, das Model Y, um und hat damit zu kämpfen, dass sein CEO zu einer zunehmend polarisierenden Figur in der Weltpolitik wird. In Deutschland hat Tesla im vergangenen Monat nur 1.277 Neuwagen zugelassen — der niedrigste Wert seit Juli 2021. 

Rekordgewinn trotz Riesenvorsorge

Dass die deutsche Wirtschaft stottert, schlägt sich in den Bilanzen von Banken nieder. Jüngstes Beispiel dafür ist die DZ Bank Gruppe. Sie erzielte 2024 zwar einen Vorsteuer-Rekordgewinn von 3,3 Milliarden Euro, bildete mit 845 Millionen Euro zugleich aber auch deutlich mehr Risikovorsorge als noch im Vorjahr. Das genossenschaftliche Spitzeninstitut verwies darauf, dass die schwache Wirtschaft mittlerweile zu steigenden Unternehmensinsolvenzen führe, was sich nun in einzelnen Bereichen der DZ Bank Gruppe widerspiegele. Die Zahl der beantragten Regelinsolvenzen in Deutschland ist allein im Januar 2025 um etwa 14,1% gegenüber dem Vorjahresmonat gestiegen. Mit Ausnahme des Juni 2024 liegen die Zuwachsraten im Vorjahresvergleich damit seit Juni 2023 im zweistelligen Bereich. Erst vergangene Woche berichtete auch HSBC Deutschland von 117 Millionen Dollar an Risikovorsorge für 2024, nachdem ein Jahr zuvor nur 4 Millionen Dollar angefallen waren. Bei der Deutschen Pfandbriefbank kommt Jörn Joseph im Juni als Chief Risk Officer und löst Andreas Schenk ab. Joseph soll “das Risikomanagement der Bank weiterentwickeln”, hieß es gestern von Seiten des Instituts. 

Im Sinkflug

Die aggressive Haltung Trumps gegenüber geopolitischen Verbündeten und Rivalen hat das Vertrauen der Anleger erschüttert und digitale Vermögenswerte auf Talfahrt geschickt. Erstmals seit Mitte November ist Bitcoin wieder unter die Marke von 90.000 Dollar gerutscht: Um etwa 7% geht es für die größte Kryptowährung abwärts, zuletzt notierte Bitcoin bei 87.856,75 Dollar. Auch andere Kryptowährungen gaben nach — Ether und Solana verloren kräftig. Die jüngsten Turbulenzen bei digitalen Vermögenswerten stellen eine deutliche Abkehr von der risikobasierten Rally dar, die die Kryptomärkte nach der Wahl von Trumps Anfang November in die Höhe getrieben hatte. Auch Krypto-Aktien kommen unter die Räder. Seit seinem Amtsantritt im Januar ist Bitcoin um rund ein Fünftel gefallen — auch wegen anhaltender Inflationssorgen. An den Derivatemärkten wurden laut den Daten von CoinGlass innerhalb von 24 Stunden bullische Kryptopositionen im Wert von mehr als 1,28 Milliarden Euro liquidiert. Die Stimmung hat sich auch nach einer Reihe von branchenspezifischen Rückschlägen verschlechtert, darunter der größte Krypto-Hack aller Zeiten und der Memecoin-Skandal um den argentinischen Präsidenten Javier Milei.

Was sonst noch so passiert ist:

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