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Keine Zeit zu verlieren

Deutschland hat gewählt, der nächste Kanzler heißt voraussichtlich Friedrich Merz und bei einigen Protagonisten in Berlin macht sich vorsichtiger Zweckoptimismus breit. Zumindest bei den Parteien, die gestern nicht ganz so hart vom Wahlvolk abgestraft wurden wie die FDP und das BSW, die beide an der 5%-Hürde scheiterten und nicht im nächsten Bundestag vertreten sein werden.

Die SPD erlitt zwar das schwächste Ergebnis ihrer Nachkriegsgeschichte, doch die Genossen schienen gut vorbereitet zu sein und leiteten noch im Verlauf des Wahlabends eine personelle Neuaufstellung ein. Die wird wohl ohne Olaf Scholz, aber mit Boris Pistorius und Lars Klingbeil stattfinden. 

Klingbeil soll am Mittwoch für die Nachfolge von Fraktionschef Rolf Mützenich kandidieren, damit Parteivorsitz und Fraktionsvorsitz in einer Hand liegen, bevor die erwartbar schwierigen Koalitionsgespräche mit CDU/CSU starten.

Die Zeit drängt. Allen Beteiligten ist klar, dass Wirtschaft und Wahlvolk eine handlungsfähige Regierung im Amt sehen wollen, die sich den vielfältigen Herausforderungen des Landes annimmt. Wie Merz selbst gestern Abend in der Berliner Parteizentrale sagte: Die Welt dreht sich weiter und die Herausforderungen für Deutschland und Europa werden nicht kleiner. 

Sehen sie hier unsere Video-Kurzanalyse zur Wahl.

Was Marktteilnehmer heute noch bewegen könnte, berichten Ihnen Stephan Kahl, Rainer Bürgin, Alexander Kell und Annika Reichelt: Kreative Buchhaltung, Lichtblick und Drohkulisse, Deka goes Bitcoin, bürokratische Mühlen und freundliche Übernahme.

Kreative Buchhaltung

Falls Merz mit der SPD die Schuldenbremse aufweichen will, hat ihm das Wahlergebnis die Sache nicht leichter gemacht. Selbst mit den verschuldungsoffenen Grünen reicht es mit zusammen 413 von 630 Sitzen nicht für eine grundgesetzändernde Mehrheit im Bundestag. Die Linke ist zwar für eine deutlich höhere Kreditaufnahme, aber nicht für Verteidigungszwecke. “Ein Ausbleiben der Erhöhung der Militärausgaben könnte Deutschland in große Schwierigkeiten mit seinen Nato-Partnern bringen” und “auch das Risiko eines Handelskriegs zwischen den USA und der EU erhöhen“, schreibt Berenberg-Chefvolkswirt Holger Schmieding. Bei der Deutschen Bank sieht man Chancen für ein Infrastruktur-Sondervermögen im Konsens mit der Linken, das mehr — aber wohl nicht genug — Spielraum für Verteidigungsausgaben im Kernhaushalt schaffen würde. Als Ausweg böte sich die gemeinsame Finanzierung über Brüssel an, die bereits andere klamme Regierungen in der EU lockt. Die amtierende Bundesaußenministerin hat dies bereits angekündigt. Für den laufenden Haushalt könnte Merz die Aussetzung der Schuldenbremse wegen einer Notlage beantragen. Bundesanleihen notieren kaum verändert.

Lichtblick und Drohkulisse

Der heutige Ifo-Index illustriert eine abwartende Haltung im Vorfeld der Bundestagswahlen. Die Unternehmen waren etwas unzufriedener mit den laufenden Geschäften. Die Erwartungen indessen hellten sich etwas auf. Der diesbezügliche Indikator stieg auf 85,4 im Februar von 84,3 im Januar und übertraf damit die Schätzungen von Bloomberg befragter Volkswirte. Und das, obwohl ein folgenschwerer Handelskrieg droht. Die erste Welle der von Donald Trump geplanten Strafzölle auf Stahl und Aluminium könnte EU-Exporte im Wert von bis zu 28 Milliarden Euro treffen. Dies wäre eine massive Eskalation im Handelskrieg des US-Präsidenten. Sollte die Wirtschaft der Eurozone weiter schwächeln, könnte die Europäische Zentralbank laut Ratsmitglied Pierre Wunsch gezwungen sein, die Konjunktur mit Zinssenkungen zu stützen. Die Frage sei, “ob wir eine restriktive Haltung beibehalten, zu einer neutralen Haltung übergehen oder sogar leicht unterstützend wirken müssen”, sagte der Notenbankchef Belgiens dem Wall Street Journal. “Wenn die Inflation schnell genug sinkt und die wirtschaftliche Schwäche anhält, müssen wir hier vielleicht etwas unterstützend eingreifen.” 

Deka goes Bitcoin

Bitcoin und Co. kommen nach und nach auch bei den traditionellen Banken und Finanzdienstleistern in Deutschland an. Jetzt bietet auch die DekaBank An- und Verkauf, Verwahrung und die Verwaltung von Kryptowährungen an, wie Bloomberg News am Montag vorab berichtete. Allerdings richtet sich die Offerte nur an institutionelle Kunden. Explizit ausgeschlossen sind private Käufer. Über den Umgang mit dieser Kundengruppe im Kryptohandel wird im Sparkassenlager, zu dem die DekaBank gehört, noch beraten. Volks- und Raiffeisenbanken hingegen wollen bereits im Sommer unter Führung der DZ Bank ein Krypto-Angebot für alle privaten Kunden starten. Das genossenschatliche Spitzeninstitut hat eine Handelslösung gemeinsam mit dem IT-Dienstleister Atruvia und der Börse Stuttgart für die deutschen Geno-Primärbanken entwickelt. Bitcoin stehe derweil eine große Korrektur ins Haus, schreibt Mark Cudmore im Markets Live Blog mit Blick auf einen Volatilitäts-Indikator.

Bürokratische Mühlen

“Es kann auch keine Gerechtigkeit ohne Entschädigung geben”, sagte EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen diesen Monat. Nach der russischen Invasion der Ukraine vor drei Jahren will die EU, dass sich Russland am Wiederaufbau des von ihm überfallenen Nachbarn beteiligt. Wie zu hören ist, prüfen die EU-Beamten, wie rund rund 267 Milliarden Euro an eingefrorenen Vermögenswerte der russischen Zentralbank hierfür verwendet werden könnten. Sollte sich Moskau querstellen, könnten die Vermögenswerte beschlagnahmt werden. Um die Ansprüche zu prüfen und die Höhe der auszuzahlenden Summe zu schätzen, soll die International Claims Commission gegründet werden. Rührig ist die Kommission auch bei der Entschärfung der umstrittenen Nachhaltigkeitsberichtspflichten für Unternehmen: In einem Legislativvorschlag, der Bloomberg vorliegt, empfiehlt sie eine deutliche Abschwächung ihres Lieferkettengesetzes. Dazu soll die Corporate Sustainability Due Diligence Directive in acht Punkten geändert werden. Europäische Unternehmen hatten vor Wettbewerbsverzerrungen mit den USA und Asien gewarnt. Der Vorschlag soll am Mittwoch vorgelegt werden, linke Lobbygruppen protestieren bereits.

Freundliche Übernahme

Die deutsche Wirtschaft stöhnt seit langem über die Folgen des demografischen Wandels. Auch die unabhängigen Vermögensverwalter sind von der Entwicklung betroffen, viele werden in den nächsten Jahren in Rente gehen. Genau hier sieht Berenberg allerdings ein Chance. Die Hamburger Privatbank will im Wealth Management ohnehin wachsen — und wirft jetzt verstärlt ein Auge auf deren Kunden und Assets. Es laufen erste Gespräche, wie Klaus Naeve, Leiter Wealth and Asset Management bei Berenberg, in einem Interview mit Bloomberg verriet. Gerade in seinem Geschäft wird Größe oft als Vorteil gesehen. In den vergangenen Monaten hatte es auch schon anderswo Anzeichen für eine Konsolidierung im Wealth Management gegeben. So kündigte HSBC Deutschland an, sie wolle ihr Private-Banking-Geschäft an BNP Paribas verkaufen. Und ABN Amro gab die Übernahme der Frankfurter Privatbank Hauck Aufhäuser Lampe bekannt. Geld in die Kreuzfahrt steckt ein Milliardär, der sein Vermögen mit Mode gemacht hat: François Pinault und seine private Familien-Investmentgesellschaft Groupe Artémis. 

Sehen Sie hier unser Video zu den Wealth-Management-Plänen von Berenberg.

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